Baurecht kompakt - Was müssen Hauseigentümer, Bauwillige und Kommunen beachten?

Das Bauordnungsamt des Landkreises informiert
erschienen jeweils im Amtsblatt des Saale-Holzland-Kreises 

Teil 1: Die Thüringer Bauordnung – sie vereinfacht manches, aber nicht alles

Der Kauf einer Immobilie, ein Häuschen im Grünen, die Garage fürs Auto, Wohnen in der Scheune,
der Erdwall auf der Wiese – die Wünsche und das Ausführen rund um das Bauen sind so vielfältig, wie es Bauherren gibt.

Für alles Tun rund um den Bau gelten neben anderen öffentlich rechtlichen Vorschriften das Baugesetzbuch (BauGB – Bundesrecht)
für den Standort des Vorhabens und die Thüringer Bauordnung (ThürBO – Landesrecht) für die Ausführung des Vorhabens selbst.

Mit der Veröffentlichung der neuen ThürBO und deren Inkrafttreten am 29.März 2014 hat die Landesregierung auf
verschiedene Unklarheiten der Bauordnung von 2004 reagiert. Diese sollen mit der ThürBO 2014 beseitigt werden.

Dazu gehören unter anderem
- Fortschreibung der Anforderungen an die Barrierefreiheit
- Änderung des Abstandsflächenrechtes
- Fortschreibung des Kataloges der verfahrensfreien Vorhaben
- Erleichterungen der Nachbarbeteiligung bei Bauvorhaben

Unter dem Gesichtspunkt von Bürokratieabbau heißt es oft, dass vieles für einen Bauherren leichter wird – er braucht keinen
Antrag stellen und muss somit nicht auf eine Baugenehmigung warten – diese wird ihm vielleicht noch versagt;
er darf den Bau seines Einfamilienhauses in einem festgesetzten Gebiet zur Anzeige bringen – weil es ja genehmigungsfrei
gestellt ist – manch einer glaubt ein Traum wird wahr.

Genehmigungsfreiheit heißt nicht Rechtsfreiheit

Die Verfahrensfreiheit von Bauvorhaben nach § 60 ThürBO und die Genehmigungsfreiheit nach § 61 ThürBO bedeuten aber für
jeden Bauherren, dass er alle in Betracht kommenden materiellen Anforderungen zu beachten hat.
Im deutschen Bauwesen gibt es zirka 3.200 Regelwerke, dazu gehören 500 Gesetze und Verordnungen,
1.000 nationale DIN-Normen, 800 internationale ISO-Normen, 100 europäische EN-Normen, 500 technische VDI und
VDE Vorschriften neben unzähligen Regelwerken aus anderen Fachbereichen.

Das heißt, dass durch den vermeintlichen Bürokratieabbau dem Bauherren vielmehr eine erhebliche Verantwortung und damit
verbundene Gefahren übertragen werden, denn Verfahrens - und Genehmigungsfreiheit bedeuten keine Rechtsfreiheit rund um sein Bauvorhaben.

Die Folgen daraus wiegen oft schwerer als eine persönliche Anfrage im Bauordnungsamt des Landratsamtes vor Ausführung des Bauvorhabens.

Sie erreichen die Mitarbeiter des Bauordnungsamtes über das Servicecenter Landratsamt, Tel. (036691) 700 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

 

Teil 2: Bauen ohne Baugenehmigung - Welche Konsequenzen hat das?

Der Bauherr hat es geschafft, ist stolz auf sich: Das Haus oder die bauliche Anlage steht. Jetzt macht er sich Gedanken darüber,
wann die nächsten Handwerker kommen oder welche Bauarbeiten er als nächstes angeht.

Doch unerwartet erhält er Post mit dem Absender „Landratsamt Saale-Holzland-Kreis, Bauordnungsamt“ mit der Aufforderung,
eine gültige Baugenehmigung für das errichtete Bauvorhaben vorzulegen bzw. zum Sachverhalt schriftlich oder persönlich Stellung zu nehmen.

Nicht selten wird in diesen Stellungnahmen dann deutlich, dass die zuständige Genehmigungsbehörde –
und das ist ausschließlich das Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises, Bauordnungsamt – zu den Bauabsichten nicht vor Ausführung befragt wurde.

Die Gründe dafür sind unterschiedlichster Art, könnten aber für den Bauherrn finanzielle und/oder materielle Konsequenzen haben,
die er nicht eingeplant hat und die ihn teuer zu stehen kommen.
Grundsätzlich erhält der Bauherr, sofern das Bauvorhaben noch nicht vollständig fertiggestellt ist, eine sofortige Baueinstellungsverfügung.
Ist das Bauvorhaben schon fertiggestellt, dann ist eine Nutzungsuntersagung fällig.

Unabhängig davon, ob das Bauvorhaben nachträglich genehmigungsfähig ist, wird auf jeden Fall ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Nach § 86 der Thüringer Bauordnung beträgt die maximale Höhe dabei 500.000 Euro.

Wenn das Bauordnungsamt des Landratesamtes im bauaufsichtlichen Verfahren feststelle, dass das Vorhaben nachträglich genehmigungsfähig ist,
dann erhält der Bauherr die Aufforderung, einen Bauantrag nachträglich einzureichen. Die Genehmigungsgebühren, die dann fällig werden,
sind dreimal so hoch wie im regulären Verlauf.

Stellt das Bauordnungsamt des Landratsamtes auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben allerdings fest, dass das ausgeführte
Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist, dann kann das Amt anordnen, dass das Bauvorhaben teilweise oder vollständig
beseitigt werden muss. Und wenn der Bauherr dieser Aufforderung nicht nachkommt, wird ein Zwangsgeld festgesetzt und
beigetrieben, um rechtliche Zustände herzustellen, und das so oft wie nötig.

Was viele auch nicht wissen: Bauen ohne Baugenehmigung ist ein Tatbestand, der nicht verjährt.

Das könnten alles schwerwiegende Folgen für den Bauherrn sein.
Ein guter Rat deshalb für alle Bauwilligen: Fragen Sie vorher das Bauordnungsamt des Landratsamtes des Saale-Holzland-Kreises.

 

Teil 3 - Wohnen im Gewerbegebiet - unter welchen Voraussetzungen ist das möglich?

Bei einer Zwangsversteigerung wird im Internet ein schickes Wohnhaus angeboten.

Familie Mustermann möchte etwas Eigenes und für den angegebenen Preis nehmen sie den Standort in einem Gewerbegebiet in Kauf – es stehen in einiger Entfernung nur Lager- und Gewerbehallen.

Die Familie bekommt den Zuschlag, der Kreditvertrag mit der Bank ist unterschrie-ben, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgt, die Ummeldung im zu-ständigen Einwohnermeldeamt erledigt, Herr und Frau Mustermann sind jetzt Eigentümer und damit Bauherr.

Eines Tages erhalten sie eine schriftliche Anhörung – Absender ist das Landratsamt - Bauordnungsamt - mit dem Inhalt, dass das reine Wohnen in festgesetzten oder faktischen Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich unzulässig ist und die Nutzungs-
untersagung angedroht wird.

Im Vorfeld hat das Bauordnungsamt geprüft, ob Familie Mustermann ein Gewerbe am Standort betreibt – was nicht der Fall ist.

In einer Stellungnahme bzw. im persönlichen Gespräch mit der Familie Mustermann wurde deutlich,
dass keinerlei Bezug zu einem Gewerbe besteht.
Insbesondere handelt es sich bei Herrn und Frau Mustermann nicht um Betriebsinhaber oder
Aufsichtspersonal eines am Standort ansässigen Gewerbes.

Das Bauordnungsamt des Landratsamtes als zuständige Ordnungsbehörde ist verpflichtet, die Einhaltung der
öffentlich rechtlichen Vorschriften durchzusetzen – hier die gesetzlichen Bestimmungen des § 8 Baunutzungsverordnung – Abs. 1: Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben – Abs. 3 Nr. 1: ausnahmsweise können zugelassen werden Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für
Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind.

Familie Mustermann erhält, unter Androhung von Zwangsgeld in mindestens vier-stelliger Höhe die Nutungsuntersagung zum Wohnen per kostenpflichtigem Bescheid.

Die Folgen sind für Eigentümer/Bauherren existenziell und vor dem Erwerb einer solchen Immobilie sollte in jedem Fall das Bauordnungsamt des Landratsamtes befragt werden.

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